Harald Bönsel

DRS FB-Wintersport Carving- und Technikkurs 2011

 

Hüftknick, Kante, Schulter, vor und ziehen – oder
der Urknall an der Hausbar

 

von Harald Bönsel

 

Als Teilnehmer des Lehrgangs möchte ich euch einen Überblick über den Ablauf dieser spektakulären Woche im Hotel Weisseespitze geben.

Mit voll gepacktem PKW ging es am Sonntag auf die Reise in das österreichische Kaunertal. Die Vorfreude auf diesem vom ÖBSV und DRS FB-Wintersport gemeinsam organisierten Kurs und auf die kommende Woche war bei mir bereits deutlich zu spüren und der Anreisetag bei Kaiserwetter und purem Sonnenschein ließ mein Stimmungsbarometer noch mehr in die Höhe schießen.

Schon bei der Anreise präsentierte sich das ganze Voralpenland von seiner schönsten Seite. Puderzuckrige Bergwipfel im Sonnenschein schienen das traumhafte Wetter regelrecht anzukündigen.

Angekommen im Hotel begrüßte Bettina Mössenböck, verantwortlich für die Gesamtorganisation, gegen 19.00 Uhr die sechzehn Teilnehmer aus Österreich, Deutschland, Italien, der Schweiz und Belgien. Ich war froh, dass auch Gerda Pamler, meine Skilehrerin aus dem vergangen Jahr, anwesend war. Als weiteres Lehrpersonal stellten sich Christian Schoen und Andi Schießtl vor. Zu den diesjährigen Helfern und Betreuern zählten weiterhin Wolfgang Uhl und Erich Strummer. Als freiwilligen Helfer konnten wir noch Martin begrüßen.

Nach dem Essen leistete die hoteleigene Hausbar ihren eigenen Beitrag zum besseren Kennenlernen. Viele Teilnehmer waren mir noch aus dem letzten Jahr bekannt. Unter ihnen auch der Fachbereichsleiter für den Wintersport im DRS, Herbert Winterl.

Am Montagmorgen um 08.30 brachen wir also Richtung Gletscher auf. Nach einer guten halben Stunde erreichte die gut gelaunte Truppe den Kaunertaler Gletscher auf 2750 Meter Höhe. Oben angekommen ging es direkt in die Mono-Ski. Dank der Helfer verlief alles ruhig und gelassen. Treffpunkt für Alle zum Vorfahren war die Piste am Falginlift. Ein Schlepplift an jener Stelle des Tals, an dem jeden Morgen die allerersten Sonnenstrahlen über die Bergkuppen auf die Piste blitzten und den ganzen Hang in ein goldweißes Leuchten versetzten. Dieses herrliche Naturschauspiel sollten wir noch an allen vier folgenden Tagen erleben. Die Schneeverhältnisse bestens, die Hänge super präpariert - so konnte mit dem Vorfahren begonnen werden.

Die Gruppen waren schnell eingeteilt und ich landete bei Christian. Mit dabei Silvia, Didi von der Ostsee (den ich noch aus dem letzten Jahr kannte), Bernhard und Georg. Auch Wolfgang, der als Helfer und Betreuer fungierte, gehörte zu meiner Gruppe.

Bei Christian ging es vom ersten Moment an zur Sache. Immer wieder wurde von ihm demonstriert und vorgefahren, wie schön es ist, geschnittene Schwünge in die Piste zu zaubern. Das Mono-Skifahren verhält sich ähnlich wie auch das konventionelle Skifahren: Fehlen Hüftknick und Kantendruck sowie das Ziehen des Skis zum Berg, erreicht man keine Carvingschwünge, sondern wischt nur auf dem Hang herum, bis der Schnee auf der Piste aufstaubt.

„Um Himmels Willen", dachte ich, „Hüftknick? Was ist das eigentlich? Kante, Schwung ziehen, Krückski seitlich etwa 90 Grad zum Hang, dazu noch die Schulter nach vorne, aufrichten im Mono-Ski (hoch) und runtergehen (tief) zum erneuten Carvingschwung in die entgegengesetzte Richtung. Das alles soll ich mir behalten und zum Schluss auch vorführen können?" Ja, ich gebe es zu: Mit dieser Sache war ich gänzlich überfordert. Aber ganz nach dem Sprichwort: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans umso besser (oder so ähnlich), sollte sich dann alles doch noch zum Guten entwickeln.

Am Dienstagabend waren die Teilnehmer im Hotel an der Hausbar versammelt. Doch was war das? Plötzlich ein riesiger Urknall im Thekenbereich. Es hörte sich an, als ob eine Sauerstoffflasche explodiert wäre. Vor lauter Schreck rutschte mir das Herz fast in die Hose und mein frisch gezapftes Bier fiel mir aus der Hand. Alle lachten und schauten zu mir, denn ich hatte es an der Bar furchtbar krachen lassen: Mein linker Rollireifen war geplatzt (wahrscheinlich ist das auf den übermäßigen Kantendruck vom Nachmittag zurückzuführen – irgendwo musste der Überdruck ja hin?).

Munter ging es am nächsten Morgen weiter. Erneuter Treffpunkt: am Falginlift. Nach dem Einfahren ging es wieder zum Stangentraining. Diesmal in verschärfter Form. Gut, dass Wolfgang zur Stelle war, der mir hinterher fuhr und Kommandos gab, damit auch ich einmal durch die Stangen gelangen würde.

Tatsächlich hatte ich es geschafft durch den Stangenwald ins Ziel zu kommen. Ich freute mich wie ein Kind am Weihnachtsabend! Aber da war schon wieder unser ehrgeiziger Skilehrer Christian, der mich, wie so oft in dieser Woche, mit den Worten „Da geht noch mehr!" weiter anspornte. „Klasse Harry, wunderschön gemacht, aber... . Hoppla, der Ski hat ja eine Kante! Weiter so!", stachelte er mich immer wieder an. Aber so langsam trug seine Arbeit sichtbare Früchte und plötzlich erschloss sich auch mir, wo diese sagenumwobene Kante war. Die tägliche Videoanalyse bestätigte unsere Fortschritte.

Meinen persönlichen Aha-Effekt konnte ich letzten Endes dann am Freitag verzeichnen. Auf dem Programm: Slalomfahren! Ich hatte vorgesorgt und meinen Slalom-Ski dabei. Jetzt wurden Kurzschwünge geübt und, man glaubt es kaum, das habe ich tatsächlich hingebracht.

Am Freitagnachmittag war dann freies Skifahren in der Gruppe angesagt: Ich wollte unbedingt noch einmal meinen Riesenslalom-Ski fahren, was auch sehr gut funktionierte. Als ich dann zurück schaute und im Hang meine Carvingschwünge im glitzernden Schnee sah, erfüllte mich ein großer Moment der Glückseligkeit. Alle Anstrengung hatte sich gelohnt – mir ist es tatsächlich gelungen, meine Technik zu optimieren. Ich bin nun gut gerüstet um für meinen Verein RSC-Main-Kinzig im Ländercup zu starten.

Danke, Christian und Wolfgang, ich dachte schon, ich sei als Ski-Opa ein hoffnungsloser Fall... .