Was hat Mono- und Bi- Skifahren mit Therapie zu tun?

Felix wird am Bahnhof von seinen Eltern abgeholt. Es bleibt in der Hektik der Kofferausgabe noch Zeit kurz mit den Eltern zu sprechen.

„Wie war denn das Skifahren? Hat es Felix auch gefallen?"

Als langjähriger Physio-/ Bobaththerapeut und begeisterter Skifahrer erlaube ich mir einen kurzen Satz über die Auswirkungen des Skifahrens bei Menschen mit Cerebralparese.

„Toll, Therapie pur, Felix persistierende Mororeaktion ist fast vollständig abgebaut, sein Tonus nach dem Skifahren so reguliert, dass er noch beim Abendessen aufrecht sitzt".

Die Eltern hören anscheinend das erste Mal davon, dass die Skireise auch etwas mit therapeutischen Ergebnissen zu tun hat. So fasse ich einmal kurz zusammen, was in den letzten Jahren an kurzen „Feedbacks" von Eltern, Lehrern und Therapeuten an mich herangetragen wurde.

- M. hat ein verändertes Körpergefühl, sie ist fähig selektivere Bewegungen auszuführen. Dadurch entstehen neue Möglichkeiten die Hände gezielt einzusetzen

- K. ist auffallend wacher, die propriozeptiven Reize durch das Skifahren und die Herausforderung an den Gleichgewichtssinn hinterlassen ihre Wirkung

- P. als Pilot eines Skigerätes für Bi- Skifahrer hat sich auf den Bewegungsdialog mit dem hinten begleitenden Copiloten einlassen gelernt, diesen erlebt und genossen. Er ist jetzt aufgeschlossener und selbstsicherer als zuvor

- Die Körperhaltung von N. hat sich stabilisiert, ihre Kopfkontrolle hat sich verbessert, sie strahlt mehr Lebensfreude aus

- F. hatte vor dem Skifahren eine mittelstarke persistierende Mororeaktion auf Lageveränderungen und Geräuschen. Diese Reaktion ist auffallend abgebaut, seine Haltung im Rollstuhl aufgerichteter. Er ist weniger ängstlich und hat eine deutlichere und lautere Aussprache entwickelt

- K. hat gelernt rechts und links sicher zu unterscheiden

- K. stolpert nicht mehr so häufig über seine eigenen Füße, der Mundschluss hat sich derartig verbessert, dass ihm der Speichel nicht mehr unkontrolliert aus dem Mund läuft. Das Essen mit Gabel und Löffel ist einfacher geworden, er kleckert nicht mehr so viel daneben. Er isst nicht nur mehr, sondern probiert auch neue Speisen

Kurz gesagt, die Beobachtungen im Alltag nach nur einer Woche Skifahren erscheinen mir so deutlich und überzeugend, dass sich die Sinnhaftigkeit dieser Reise in Bezug auf Therapie von selbst erklärt.

 

Andreas Simon im Februar 2012